Ideenreichtum und Kreativität 

Eines Tages überlegte ich, ob sich das Muster „Beeinflussung des freien Willens“ auch auf einen ganz simplen Bereich des Alltags übertragen läßt –  auf das Fernsehen. Wenn die Ernährung das Handeln des Menschen beeinflusst, ohne das er es bewusst wahrnimmt, in welchem Umfang berührt dann „das Fernsehen“ sein Leben und bestimmt über seine Entscheidungen mit, ohne das er sich darüber im Klaren ist?


Innere Bilder

Alle Informationen, die der Mensch über die Sinnesorgane aufnimmt, werden von seinem Gehirn gefiltert und verarbeitet. Das Gehirn entscheidet, was mit den eingehenden Informationen geschehen soll. Sind sie wichtig genug, um ins Bewusstsein zu wandern, dann ab mit ihnen ins bewusste Gedächtnis. Nicht wichtig genug? Ab ins Unbewusste. Würden alle Informationen, die über unsere Sinne empfangen werden ins Bewusstsein dringen, wäre der Mensch durch die Flut und die Vielfalt der auf ihn eindringenden Informationen überfordert und nicht mehr handlungsfähig. Der Sortiermechanismus des Gehirns ist deshalb eine geschickte Einrichtung der Evolution, um den Mensch vor einer Informationsüberflutung und der damit einhergehenden Überforderungen zu schützen.

Alle Impulse der Sinne sind mit emotionalen Erinnerungen verbunden. Diese Erinnerungen spielen bei der Bewertung der Sinneseindrücke eine große Rolle, denn sie steuern maßgeblich das Gefühl, mit dem der Mensch die aktuelle Situation bewertet.

Situationen, in denen die Gefühle als bekannt und vertraut empfunden werden, werden als Ereignisse wahrgenommen, die normal sind. Haben Menschen in ihrem Leben Situationen, die nicht der Norm entsprechen, als normal kennengelernt, werden diese Vorkommnisse von ihnen auch als normal bewertet und das obwohl sie aus anderer Sicht vielleicht als ekelerregend, schrecklich, aggressiv oder nicht der Ethik entsprechend empfunden werden. Für die Betroffenen sind diese Erlebnisse normaler Alltag.

Die Gesellschaft eines Landes, der kulturelle Rahmen, die Religion und die in den Familien vorherrschenden Umgangsformen bestimmen maßgeblich, was als normal empfunden wird oder was aus der Normalität herausfällt, siehe Sitten und Gebräuche in fremden Ländern.

Die heutige Gesellschaft befindet sich zur Zeit stark im Umbruch. Persönlicher, zwischenmenschlicher Kontakt weicht dem Umgang mit den Medien. Visuelle Medien, wie Fernsehen, Kino, Internet und Handys sind Zeitgeist und bestimmten die Bilder- und Erlebniswelten des Menschen im Alltag.


Bilder, die Sprache der Intuition

Die Bildersprache ist aber auch oder sogar besonders die Sprache der Intuition, der Träume und der Visionen. Diese Bildersprache des Unbewussten benutzten wir, um Visionen und neue Ideen zu entwickeln. Die gesamte menschliche Kreativität gründete auf dieser Bildersprache.

Im Altertum nutzte man Schauspiele und Dramen, um menschliche Eigenschaften durch das Nachspielen von Situationen und Emotionen auf der Bühne verstehen zu lernen, ohne selbst vom Schicksal betroffen oder gar an der Situation beteiligt zu sein. Allein das Darstellen dieser Motive als Theaterstück ermöglichte den Zuschauern eine intellektuelle und emotionale Umsetzung auf einer Ebene, die vom Menschen verstanden also nachempfunden werden konnte, ohne selbst aktiv werden zu müssen.

Damals wurde durch diese Art der Darstellung ein Aufklärungs- und Lernprozess angestoßen. Die Menschen gingen gebildeter oder besser gesagt erfahrener nach Hause. Sie hatten etwas für sie Neues (Liebesleid, Eifersucht, Ränkespiele oder Hypochondrie) erfahren, ohne es selbst erlebt zu haben und doch wussten sie nun über die Vor- und Nachteile dieser menschlichen Eigenschaften. Sie hatten diese Erfahrungen verinnerlicht, hatten die Vor- und Nachteile der in dem Schauspiel gezeigten Taten kennengelernt und neues Entscheidungspotential für ihr eigenes Leben hinzugewonnen.


Bilder wecken Emotionen

Auch heute erinnern sich viele Menschen sehr genau an Filmszenen, in denen sie besonders mitgelitten haben oder die ihnen besonders ans Herz gegangen sind. Filmsequenzen, die einen außerordentlich beeindrucken, vergisst man selten. Auch besonders angstbesetzte Szenen oder ekelhafte Darstellungen bleiben lange im Gedächtnis haften und prägen so des Menschen Einstellung zur Gesellschaft und sein Vertrauen zum Leben.

Nicht nur Kinder und Jugendliche sind kaum ansprechbar, wenn sie vor dem Fernseher sitzen und ihre Lieblingssendungen sehen.

Doch was unterscheidet Fernsehfilme, Abendserien und Soapoperas von den Schauspielen des Altertums außer, dass die Schauspiele damals der Persönlichkeitsentwicklung dienten und Filme heute eher geschaffen werden, um die Menschen zu unterhalten?

Die verinnerlichten Bilder der Filme und Nachrichten werden genauso Bestandteil des inneren Erfahrungsschatzes wie die realen Erlebnisse vor allem, wenn sie mit Emotionen verbunden sind.

Ob wir es nun wollen oder nicht, der Mensch erinnert sich oft genauer an die Szenen aus einem Film als an die Bestandteile des letzten Sonntagsessens. Übertragen auf das heutige Medienangebot verinnerlichen wir und damit auch ein großer Teil der Kinder und Jugendlichen ein Film- und Fernsehprogramm von fragwürdiger Qualität.


Zum Nachdenken:

Wenn ein Erwachsener szenische Handlungen auf Grund seines Alters, seines Intellekts und seines Realitätsbezugs in seine Innenwelt so einordnen kann, dass der Medienkonsum keinen oder nur geringen Schaden in seinen Erlebniswelten anrichtet, wie gehen Kinder und Jugendliche, die über diese Erfahrungen nicht verfügen, mit den ganzen Gewalt- und Sexszenen um? Bilder für die sie keinen Kontext haben, die sie nicht einordnen können. Ist es mit solchen Bildern im Gedächtnis überhaupt möglich zu einem emotional gesunden Menschen heranzuwachsen?

Wenn die inneren Erlebniswelten auf Aggression, gegenseitige Verachtung, Grausamkeit und sexuelle Verzerrung basieren, wird dann nicht auch das Gesellschaftsbild der Kinder und Jugendlichen allein durch das fehlende Differenzierungsvermögen durcheinandergebracht, wenn nicht so gar verfälscht?

Wenn das Erleben in den parallelen Fernseh- und Internetwelten verlockender er-scheint, als das Leben in der normalen mit von Verlassenheitsgefühlen, Ängsten und Stress besetzten Realität, welche Realität werden sie anstreben?

Wenn Visionen aus den inneren Bildern entstehen und aus Visionen die Taten von Morgen erfolgen, welche inneren Bilder entstehen aus einer mit visuellen Reizen überfluteten Alltagswelt? Welche Taten bestimmen unser Morgen?


Visuelle Bilder - innere Bilder

Visuelle Bilder aus den Medien vermischen sich mit den eigenen inneren Bildern. Innere Bilder können nur im Kontext mit den vorhandenen Lebenserfahrungen und der festen Verbundenheit mit der Realität Früchte bringen. Ist dies nicht gegeben verfälschen sie die innere Realität, führen zu falschen Interpretationen und damit zu falschen Reaktionen.

Auf den inneren Bilder fußt unserer Ideenreichtum und unsere Kreativität. Vorstellungsvermögen und Einfallsreichtum gehören zu den Grundpfeilern des Urvertrauens. Jeder Mensch und jede Gesellschaft benötigt visionäres Denken und Einfallsreichtum, um mit den anstehenden und kommenden sozialen und ökologischen Problemen angemessen umgehen zu können.

Und nur wer sicher sein kann, dass es für alle zwischenmenschlichen und umwelttechnischen Probleme eine Lösung gibt und dass wir gemeinsam in der Lage sind, diese Lösungen zu finden und damit die anstehenden Aufgaben zu meistern, hat den Mut, die nötigen Veränderungen anzupacken!

Wenn die inneren Erlebniswelten durch Bilder aus der Konserve ersetzt werden, verarmen die Kreativität und der Einfallsreichtum unserer Gesellschaft. Durch die Wahl, was wir uns an Filmen und Fernsehsendungen ansehen, bestimmten wir die Qualität unseres inneren Erlebnisraumes.

„Der Mensch lebt nicht nur vom Brot allein.“ Dieses Wissen ist uralt.

Ist es da nicht angemessen, dass die tägliche Nahrung so beschaffen ist, dass sie uns gesund erhält und auch die geistige Nahrung der psychische Gesundheit dient?


Fremde Bilder

Fremdbilder sind fremde Bilder in den inneren Erlebniswelten eines Menschen. Wenn ein Mensch ohne die Stimulation durch fremde Bilder nicht mehr auskommen kann, um zufrieden und schöpferisch tätig zu sein, ist er abhängig.