Denken und werden ...

In unserer modernen, elektronischen, computertechnischen Gesellschaft sind wir zu Informations-Konsumenten geworden. Die auf uns einströmenden Informationen werden konsumiert wie Essen oder Luft. Wir schalten keinen Filter mehr davor.

Wir füllen Informationen in uns hinein, ohne zu prüfen, ob sie richtig oder falsch sind, und verlassen uns oft darauf, dass der andere weiß, was richtig oder falsch ist. Wenn auch er ein Informations-Konsument ist, stammt die Information aus „zweiter Hand“. Trotzdem wird sie von uns oft ungeprüft übernommen.

Durch eigenes Denken können wir verhindern, dass Informationen unreflektiert in unseren Wissensbestand eingehen.

Wir verarbeiten und bewerten Informationen anhand unserer persönlichen Erfahrungsinsel: Damit meine ich das Wissen, das jede Person über sich, seine Familie, die Umwelt und über die Gesellschaft hat. Die Erfahrungen wurden über Jahre gesammelt. Sie sind bei jedem Menschen verschieden – deshalb hat jeder Mensch seine eigene Erfahrungsinsel, auf deren Basis er sein Leben erlebt und sein Wissen weitergibt.

Deshalb gründen weitergegebene Informationen vielfach auf einer bestimmten, subjektiv gefärbten Erfahrungswelt.


 Insel des Lernens und des Wissens

Das eigene Denken hilft, empfangene Botschaften auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.

  • Aus welchen Kontext heraus wurden die Worte gesagt?
  • Welcher kulturelle Hintergrund spielt dabei eine Rolle?
  • Welche persönliche Motivation hatte die Person, die mir diese Botschaft übermittelte?
  • Welche politische Ausrichtung hat der Fernsehsender, der diese Reportage gestaltet hat?
  • ...

Nur wenn Hintergrundinformationen mit eigenen Erfahrungen verglichen werden, kann der Wahrheitsgehalt geprüft werden, sodass etwas Neues in uns entsteht.

Erst das unabhängige Denken macht uns zu Menschen mit eigener Meinung, zu einer Persönlichkeit.


Ist eigenes Denken nicht mehr zeitgemäß?

Immer wieder erlebe ich, dass Schüler für eine Aufgabe eine vorgefertigte Lösung fordern. Sie wollen nicht mehr selbst denken. Deshalb frage ich mich manchmal: Ist eigenständiges Denken nicht mehr zeitgemäß? Die Gefahren, die durch das Vernachlässigen dieser Qualifikation entstehen, sind sehr groß: Wir überlassen dann das Denken den anderen und werden manipuliert. Andere treffen für uns die Entscheidungen, deren Folgen wir tragen müssen! Welche unheilvollen Folgen das haben kann, wissen wir aus unserer Geschichte. Wenn ich die Verantwortung für meine Person übernehme, muss ich mich mit dem Thema „Selbstständig Denken“ auseinandersetzen.

Will ich wirklich aus lauter Bequemlichkeit das Denken den anderen überlassen?


Nebeneffekte

Das eigene Denken hat im Übrigen einen höchst interessanten Nebeneffekt: Es erweitert die Gehirnkapazität. Außerdem macht es sehr viel Spaß, auch wenn es am Anfang ungewohnt erscheinen mag.

Durch das eigene Denken transformieren wir das Faktenwissen und verfügen damit über persönliche Erfahrungen. Die Datenbestände in unserem Gehirn werden neu vernetzt und das Wissen verankert. Durch das eigene Denken verbinden wir die Gedanken mit einem Gefühl. Wir bekommen ein Gespür für die Sache. Dies wiederum führt zu einer ganzheitlichen Archivierung des Wissens.


 Insel des Lernens und des Wissens
Vorsicht Gehirnviren!

So wie es Computerviren gibt, kursieren auch Gehirnviren oder Gedankenviren. Gehirnviren produzieren Verallgemeinerungen. Sie basieren auf Annahmen, die jedoch jeder realistischen Grundlage entbehren. Sie haben Gemeinsamkeiten mit den Computerviren, spielen sich aber nur in unserem Denken ab. Sie vervielfältigen sich ziemlich schnell. Irgendwann glaubt jeder daran, und niemand würde mehr einen Sinn darin sehen, die „Fakten“ doch einmal in Frage zu stellen oder gar zu überprüfen.